Donnerstag, 28. April 2016

SPECIAL: PERUGIA - WO EINST DIE SÄGE DES TEUFELS WÜTETE

UNIVERSITÄTSSTADT PERUGIA - DREHORT VON TORSO


Während unseres Abruzzen-Urlaubs im Jahr 2012, in dem wir unter anderem die Drehorte Schloss Balsorano und Spoleto besuchten, machten wir auch einen Abstecher in die umbrische Hauptstadt Perugia.
Die als Universitätsstadt bekannte "città" wurde bereits im 6. Jahrhundert vor Christus von den Etruskern gegründet und ragt auf einem Hügel über die sie umgebende Landschaft hinaus.
Die Altstadt, die sich im oberen Teil befindet, ist eine autofreie Zone (es sei denn, man ist Anrainer und verfügt über eine Sondergenehmigung). Geparkt wird deshalb etwas weiter unten.

Hier ein paar unserer Fotos (linksbündig die "Torso" - Screenshots zum Vergleich):


Durch eine Allee geht es Richtung Altstadt


























Die Polizei war auch da


Brunnen im Hintergrund...


...das ist er






Einmal posen bitte, Signor Poliziotto


1973 geschahen die Verbrechen...


Die Polizei kommt fast 40 Jahre zu spät


Mal nen Filter  getestet


Malerische Altstadt




Überall Stufen








Achtung, man beachte das Geländer






Da isses


Und noch ein paar Fotos der Altstadt und der umgebenden Landschaft

















Freitag, 22. April 2016

I CORPI PRESENTANO TRACCE DI VIOLENZA CARNALE (1973)














TORSO
DIE SÄGE DES TEUFELS (Alternativtitel)

Italien 1973
Regie: Sergio Martino
DarstellerInnen: Suzy Kendall, Tina Aumont, Luc Merenda, John Richardson, Ernesto Colli, Angela Covello, Conchita Airoldi, Patrizia Adiutori, Carlo Alighiero u.a.


Inhalt:
Die Amerikanerin Jane studiert Kunstgeschichte an der Universität von Perugia. Sie versteht sich nicht nur besonders gut mit ihrem Professor Franz, sondern ist auch unter ihren KommillitonInnen beliebt.
Die junge Frau und ihre Freundinnen genießen das Leben und die Liebe bis eines Tages grausame Morde in ihrem Freundeskreis geschehen. Die Opfer des blutrünstigen Täters sind jung, weiblich und werden grausam zugerichtet.
Die Polizei nimmt umgehend Ermittlungen auf, kann jedoch bis auf ein auffälliges Halstuch keine Indizien entdecken, die auf die Spur des Mörders führen könnten.
Jane flüchtet mit drei Freundinnen in eine idyllisch gelegene Villa auf dem Land. Doch gerade an dem vermeintlichen Ort der Sicherheit geraten die Studentinnen in allergrößte Gefahr...


Patrizia Adiutori: Leider nur ein kurzer Auftritt


Unheimlich: Killer mit Maske und Messer


Beim Namen Sergio Martino klingeln vielen Giallo-Fans die Ohren und wenn man die Filme dieses Regisseurs vor seinem geistigen Auge Revue passieren lässt, wird so mancher Blick verträumt-schwärmerisch.
Der Killer von Wien, "Die Farben der Nacht", "Il tuo vizio è una stanza chiusa e solo io ne ho la chiave" sind ohne Frage beeindruckende cineastische Kunstwerke.
Der nachfolgende "Torso" kommt in diversen Rezensionen und Beurteilungen vergleichsweise eher schlecht weg.
Und das, obwohl er jegliche Elemente präsentiert, die einen Giallo ausmachen und die von Vielen immer vehement und lautstark eingefordert werden, sobald sie in einem Genrefilm einmal nicht vorkommen: Ausländerinnen, die in Italien in Gefahr geraten, ein maskierter Mörder mit Handschuhen und einschlägigem Motiv, die Drehbuch-typischen Whodunit-Spielchen, Hippies, dekadente Reiche und ein unverwechselbarer Soundtrack.

"Torso" ist nicht nur ein Film, der dem damaligen Zeitgeist entsprach, sondern in einigen Belangen seiner Zeit sogar weit voraus war. Denn erst Anfang der Achtziger Jahre wurden mit Michael Myers und Co. Killer, die bevorzugt weibliche Opfer mit lockerem Lebenswandel und offenem Umgang mit Sexualität töten, populär und Massenpublikum-tauglich.

Suzy Kendall mimt in "Torso" zur Abwechslung mal eine Frau, von der ich nicht genervt bin. Im Gegenteil. Jane, die "Quasi-Heldin" ist intelligent, selbstbewusst und zielstrebig. Sie weiß, was sie will und lässt sich von Niemandem so leicht etwas vormachen. Sie widerspricht ihrem Kunstprofessor energisch und legt ihm ihre eigenen Theorien dar.
Sie schenkt ihrer Freundin, die einen guten Bekannten verdächtigt, der Killer zu sein, keinen Glauben und sucht den Freund persönlich auf, um ihn zur Rede zur stellen. Außerdem verfällt Jane nicht wie die Scream-Queen Julia (ebenfalls verkörpert von Kendall) in Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe in einen Zustand hysterischer Kopflosigkeit, sondern beweist Mut und Einfallsreichtum, als sie realisiert, dass sie mit dem wahnsinnigen Täter in einem Haus eingesperrt ist.

Allgemein fällt auf, dass Männer in diesem Werk Martinos wieder einmal (man denke an die hinterhältigen Schurken und den sadistischen Mörder in Der Killer von Wien) gar nicht gut weg kommen.
Jane und ihre Freundinnen werden nicht nur von einem frauenhassenden Mörder beobachtet und attackiert, sondern quasi auf Schritt und Tritt von italienischen Machos beäugt und belästigt.
Ob Motorrad-Rowdies, ein liebeskranker Verehrer, ein Spanner vor der Villa oder die Männer aus dem Dorf – fast alle scheinen die Freizügigkeit der Protagonistinnen nicht nur als Einladung sexueller Natur zu verstehen, sondern demonstrieren auch noch ein daraus resultierendes grobes und respektloses Verhalten gegenüber dem weiblichen Geschlecht.
Auch der Arzt Roberto (Martinos Stamm-Schauspieler Luc Merenda) wirkt bisweilen, als ob sein Interesse an den Studentinnen nicht nur professioneller Natur wäre.
Die Kamera agiert ebenso voyeuristisch wie die männlichen Darsteller. Manche Szenen sind sogar aus der Sicht des Mörders gefilmt. Dies alles bereitet Unbehagen.

Die Aufnahmen der Universitätsstadt Perugia und die Landschaftsaufnahmen der feudalen Villa inmitten einer malerischen Umgebung bilden einen starken Kontrast zum heruntergekommenen Gelände, das als Hippie-Treffpunkt gilt oder dem nebelverhangenen alptraumartigen Birkenwald, in den ein Mädchen auf seiner Flucht gerät und ein grausames Ende findet.
Kein Ort bietet Schutz für die Frauen.


Villa und...


... Wald - überall lauert die Gefahr


Während in den gemächlicheren Vorgänger-Gialli Martinos ein verträumt spielerisches, fast mystisch angehauchtes Wundern und Rätselraten die Tonart angibt, ist "Torso" von Beginn an überdeutlich und brutal, spannend inszeniert und immer nahe am Tabubruch.

"Torso" liefert schöne Beispiele dafür, wie man eine Spannungssteigerung durch die Wahl der Kameraperspektive bewirken kann. Man denke dabei unter anderem an die geniale Szene mit dem Schlüssel oder die im Wald lauernde gesichtslose Gefahr.
Was mich immer auf's Neue besonders fasziniert, ist eine der letzten Szenen des Films, in der ein Kampf zwischen Killer und Retter stattfindet.
Man sieht, dass einer der beiden tödlich verunglückt, weiß aber nicht, wer nun als Überlebender zum Opfer zurückkommt. Eine Frau steht mit vor Terror geweiteten Augen da. Die Panik ist deutlich auf ihrem Gesicht abzulesen. Von dem auf sie zu gehenden Mann sind im grellen Gegenlicht schemenhafte Umrisse erkennbar. Wir sehen durch die Augen der verängstigten Frau.
Die Kamera schwenkt auf ihr Gesicht. Und genau daran muss man als ZuschauerIn nun ablesen, wer von den beiden Männern sich gerade in ihre Richtung bewegt.
Ein meiner Meinung nach genialer Regie-Kniff.

Der Soundtrack stammt aus der Feder der kreativen Brüder De Angelis und ist so vielseitig und abwechslungsreich, dass man ihn getrost für zwei Filme verwenden hätte können.
Von extrem treibenden und dramatischen Melodien über verspielte Wohlfühl-Songs bis hin zu unheimlichem, an Zombiefilme erinnerndes Wehklagen deckt der Soundtrack eine enorme Bandbreite ab.

Für mich gibt es bei "Torso" nur zwei kleine Wermutstropfen:
Leider fällt die attraktive Darstellerin Patrizia Adiutori, von der ich gerne viel mehr gesehen hätte, gleich in den ersten Minuten dem Mörder zum Opfer. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte man ihr die Rolle der Jane statt der etwas hölzernen Suzy Kendall geben sollen.
Das zweite Manko ist meiner Meinung nach der deutsche Synchronsprecher Luc Merendas.
Sein Organ tönt, als hätte man in einem wahnwitzigen Experiment einem Menschen die Stimmbänder eines Frosches implantiert. Richtig unangenehm und überhaupt nicht passend zu Merendas männlich-kantigem Erscheinungsbild. Zum Glück hat er nicht viele Dialogzeilen.

"Torso" ist durch die überspitzte Inszenierung etwas radikaler und morbider als andere Gialli aus dieser Ära, steckt aber gleichzeitig voller stilistischer Feinheiten und verzückt durch bemerkenswert ästhetische Aufnahmen. Mir bereitet es bei jedem Ansehen ein Vergnügen, neue interessante Aspekte dieses richtungsweisenden Werkes aus dem Jahr 1973 zu entdecken.


Meine Urlaubsfotos vom Drehort Perugia und Vergleiche mit Screenshots findet ihr hier




Foto: X-Rated Hartbox, Blue Underground BD, Edition Tonfilm und X-Rated Mediabook




Foto: OST auf Vinyl










Freitag, 8. April 2016

SPECIAL: TERZA VISIONE - 3. FESTIVAL DES ITALIENISCHEN GENREFILMS














01.-03. April 2016
Nürnberg, Kooperation von Filmhauskino und Kommkino e.V.


Völlig entspannt und glücklich sind wir am Montag Abend von unserer Reise in eine andere Dimension zurückgekehrt.
Wenn ich in den Spiegel sehe, stelle ich anhand meiner Augenringe und Falten unter den Glubschern fest, dass ich innerhalb von drei Tagen um mindestens fünf Jahre gealtert bin. Meine Arbeitskolleginnen begrüßen mich am Dienstag Morgen mit mitleidigen Blicken und Fragen wie: "Geht es dir schon gut?" und "Hast du Kopfschmerzen?"
Dabei geht es mir blendend. Ich bin nur etwas müde. Der Besuch in Nürnberg war anstrengend, Schlaf raubend, aber auch unglaublich toll.
Drei Tage italienisches Kino vergangener Dekaden, Gespräche mit Freunden, neuen Bekannten, anderen Filmfans und diverse Pausenaktivitäten haben uns den Alltag wieder einmal völlig vergessen lassen.
Die humorvollen, fachkundigen und zum Teil auch kreativen Einleitungen (manche Redner verblüfften durch originelle Kostümierung) vor den Filmen waren wie immer abwechslungsreich und steigerten die ohnehin schon große Vorfreude...



Blick vom Hotel Richtung Kino


Das Programmheft


Im Gegensatz zum letzten Jahr habe ich dieses Mal keinen Film ausgelassen. Hier meine Eindrücke bzw. die völlig subjektive Zusammenfassung des Gesehenen und Erlebten (keine Reviews):


TAG 1





Endlich ist es mir gelungen, "VIER FLIEGEN AUF GRAUEM SAMT" nach zwei frühzeitig abgebrochenen Sehversuchen (auf deren Ursache ich an dieser Stelle lieber nicht näher eingehen möchte) bis zum (bitteren) Ende anzusehen.
Was für ein unterhaltsamer Film mit schmissiger deutscher Synchro und wunderbarem Soundtrack! Hat in der Kinoatmosphäre und aufgrund der sehr guten Qualität der Kopie bestens funktioniert. Ein gelungener Einstieg ins Festival.


Mit dem darauf folgenden Peplum "SIEBEN GEGEN ALLE" hatte ich allerdings meine liebe Mühe. Es ist nicht so, dass ich grundsätzlich etwas gegen das italienische Sandalenfilm-Genre hätte. Aber dieser infantile (oder etwas netter: naive) italienische Humor, den man aus manchen Spencer/Hill Filmen und dem "Commedia all'italiana" Bereich kennt, ist schon etwas speziell. Da der Running Gag des Films ein Zwerg (korrekter formuliert: kleinwüchsiger Mensch) namens Goliath ist, der mit Vorliebe seinen Gegnern auf den Kopf haut und der nicht enden wollende Endkampf zwischen einem aus der Arena getürmten Gladiator und dem Oberschurken eine gefühlte (oder tatsächliche?) halbe Stunde geht, bin ich froh, als das Licht im Kino wieder angeht.
Die Stimmung im Filmhaus Saal war aber gut, es wurde viel gelacht und einige meiner Kollegen hatten sichtlich Spaß mit Goliath und Co.




Mit "ATLANTIS INFERNO" ging es dann flott weiter. Ein Film aus den frühen Achtzigern mit Ivan Rassimov, George Hilton und Michele Soavi. Ein bunter Genremix, coole Action, dramatischem Synthesizer-Gedudel und Dialoge zum Niederknien. Da bleibt kein Auge trocken und ich trotz fortgeschrittener Stunde sogar wach.


TAG 2





Der Samstag begann für mich mit einer großen Überraschung. Bei "MALIZIA" war ich anfangs sehr unsicher, ob ich Gefallen an dem Film finden werde.
Als ich dann im Vorspann (ja, ich habe das Programmheft etwas schlampig gelesen, denn da stand es ja auch) den Namen Vittorio Storaro sah, erwachte in mir dann doch eine erwartungsvolle Neugierde.
Storaro, den ich für einen der ganz großen Künstler hinter der Kamera halte (u.a. verantwortlich für die faszinierenden Aufnahmen in  Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe oder Spuren auf dem Mond), hat mich auch bei "Malizia" nicht enttäuscht. Die Augen der zahlreichen Kinobesucher und -Besucherinnen wurden mit seinen ästhetischen Bildern beglückt.
Die sich etwas melodramatisch entwickelnde Geschichte um einen schwer pubertierenden Sprössling aus reichem Hause, der das attraktive Hausmädchen Angela begehrt und in Folge dessen bedrängt, terrorisiert und erpresst, zeigt ein spezielles Bild der süditalienischen Gesellschaft der frühen Siebziger Jahre.
In all ihrer scheinheiligen Frömmigkeit, dem immer noch weit verbreiteten parallel dazu existierendem Aberglauben zum Trotz. In ihrer Zerrissenheit zwischen sexuellem Begehren und an alten Zeiten festhaltenden Moralvorstellungen.
Regisseur Samperi inszeniert dieses Sittenbild der sizilianischen Bevölkerung mit einer gewissen Leichtigkeit und einem zynischen Humor, ergänzt durch eine gelungene Mischung zwischen heiterem Spott und zum Teil gnadenloser Verhöhnung seiner männlichen und weiblichen Protagonisten.
Was für ein bereichender Beitrag zum Programm!
Der Soundtrack ist ein herrlicher Ohrwurm, den man nach dem Film noch den ein oder anderen Festivalbesucher singen hört...




"KOCHENDER SCHLAMM" zählt seit seit einigen Jahren zu einem meiner Lieblingsfilme aus dem Poliziottesco Genre. Da die italienische DVD doch relativ stark gekürzt ist, war ich im Vorfeld etwas nervös als ich im Programmheft las, dass die gezeigte Version 81 Minuten dauert.
Glücklicherweise waren die Cuts nicht so umfangreich wie befürchtet! Zum allerersten Mal konnte ich den Film in guter Qualität genießen. Für mich ein Gänsehaut-Erlebnis.
Wer etwas mehr über diesen raren Film mit einem hervorragend spielenden Joe Dallessandro (seine beste Rolle!) und wie immer beeindruckenden Enrico Maria Salerno lesen möchte, klicke hier.
Ich bete (ähm, ok, das ist jetzt doch zu pathetisch) - ich hoffe immer noch sehr auf eine würdige Veröffentlichung dieser Filmperle.
Aktuelles Update: Wurde soeben von meinem Lieblingslabel Camera Obscura angekündigt!!! Ich bin sprachlos!


Wenn man von so vielen wohlwollenden sympathischen Menschen und Gleichgesinnten umgeben ist, vergisst man irgendwann, dass es "draußen" noch eine andere Welt gibt. Von dieser wurden wir nach der Essenspause auf dem Weg über die Treppen zum Filmhaus kurz eingeholt.
Ein Paar, das uns entgegen kam (und erschreckenderweise wohl noch eher der jüngeren Generation anzugehören schien) meinte mit verächtlichem Blick auf uns: "Da sieht man ja schon, was dieser Film für ein Publikum anzieht!" Besonders die Frau schimpfte sich nach diesem ersten Kommentar weiter in Rage. Natürlich absichtlich laut, damit wir es auf jeden Fall mitbekommen. Doch dieser unangenehme Zwischenfall war sofort wieder vergessen als wir im Kino Platz nahmen und der einleitenden Rede lauschten...


Stunden über Stunden, ja sogar Tage, haben Christoph Draxtra und einige seiner Kommkino-Kollegen mit der lüsternen und lasterhaften Cristiana verbracht. Genauer formuliert, mit dem Film "CRISTIANA, DIE BESESSENE".
In mühevoller Kleinarbeit wurde die laut Schilderung in erbärmlichen Zustand gelieferte Kopie von Tesafilm befreit, gereinigt und wieder sauber zusammengefügt. Außerdem hat Christoph selbst Untertitel dafür geschrieben. Schnell war wohl jedem im Saal klar: wenn man so viel Zeit und Herzblut investiert, um ihn auf diesem Festival zu zeigen, muss dieser rare und unbekannte Streifen etwas Besonderes sein.
Und für mich ist bzw. war es das auch. Neben "Malizia" die zweite äußerst erfreuliche Überraschung.
Diese wahnwitzige Mischung aus (S-)Exploitation und Drama, versetzt mit komödiantischen Elementen, verzückte mich.
Ähnlich wie das abstürzende brennende Flugzeug(-modell) zu Beginn stürzt Cristiana im freien Fall in den Abgrund brennender Leidenschaft. Jeglicher Versuch, einen anderen Weg zu beschreiten als ihre Mutter (eine Edelprostituierte) misslingt der bemitleidenswerten Frau gründlich. Überall warten diabolische Verlockungen und verführerische Teufel. Der Sog der sexuellen Versuchungen führt die geplagte Seele direkt in den Sündenpfuhl.
"Flower Power und freie Liebe versus klösterliche Unterdrückung der Triebe" lautet somit die Devise des Drehbuchs.
Die reizende Hauptdarstellerin Toti Achilli macht mit ihrem Puppengesicht und ihrem wohlgeformten Körper sowohl unter dem Ordensgewand als auch in Nacktszenen eine gute Figur. Ein weiterer Pluspunkt des Films ist in meinen Augen der trippige Siebziger-Soundtrack.
Kuriose Wendungen und drollige Dialoge tragen neben den teils psychedelisch-bunten Bildern in hervorragender Qualität zur Unterhaltung bei.
Was für eine Ehre, diese Rarität auf der großen Leinwand bewundern zu dürfen.


"LSD-PARADIES FÜR 5 DOLLAR" und ich werden hingegen keine Freunde. Vielleicht wäre ich diesem Report-Film gegenüber etwas versöhnlicher gestimmt, wenn die Kopie bzw. die Farben etwas besser gewesen wären. Aber wenn dann handelt es sich nur um Nuancen. Alles in allem hat er mich doch stark ermüdet.


TAG 3



Am Sonntag mussten wir zwecks Abstecher auf die Filmbörse etwas früher aus den Federn. Diese Idee hatten neben uns offenbar auch einige andere Dauerkartenbesitzer und viele, viele weitere Menschen.
Dementsprechend lang war die Warteschlange vor den Toren der Meistersingerhalle.
Nach einem kurzen Schreck und Zweifel, ob wir uns das antun sollen, löste sich die Schlange dann doch sehr rasch auf und wir hatten noch ausreichend Zeit, ein paar hübsche Einkäufe (Filme und gut versteckte Platten) zu tätigen. 



Alles hat ein Ende, nur die Warteschlange hat zwei...


Der erste Film des Sonntags war "DREI PISTOLEN GEGEN CESARE".
Jeder Film mit Enrico Maria Salerno ist für mich schon mal grundsätzlich interessant. Dieser Italowestern, den ich als einen aus der zweiten Reihe kategorisieren würde, macht trotz einiger fehlender Szenen (auf die in einer einleitenden Rede "dezent" hingewiesen wurde) richtig viel Spaß.
Lassen wir mal den herzigen Titelsong die Inhaltsangabe erzählen:
"Three riders, all heading for Laredo. Three strangers for Laredo. Young riders, what brings you to Laredo? Young strangers, why Laredo? There's a secret we've been told, in the mountain there is gold..."
Der wunderbare Italowestern-Soundtrack mit Trompeten und kraftvoller Stimme versetzt uns bereits zu Beginn in die richtige Seelenregung für den Film. Die schrulligen Hauptfiguren der Erzählung sind drei ungleiche Halbbrüder (deren Vater sexuell sehr umtriebig war), die von ihrem Erzeuger ein Stück Land geerbt haben, auf dem sich eine Goldmine befindet.
Da ist zum einen Whitey Selby, der optisch an Clint Eastwood in Für eine Handvoll Dollar erinnert und mit seiner vierläufigen Pistole sogar direkt aus dem Magazinboden schießen kann. Whitey trifft immer.
Dann der asiatisch aussehende Lester Koto, der gemäß jedem vernünftigen Asiaten-Klischee natürlich Kampfsport beherrscht. In seinem offenen Oberteil, das wie ein etwas gekürzter gelb gefärbter Frottee-Bademantel aussieht, stürzt er sich bevorzugt im Nahkampf auf seine Gegner.
Und dann ist da noch der Franzose Étienne Devereaux, der seine Widersacher mittels Hypnose (er zeigt mit Zeigefinger und Mittelfinger der linken Hand in ihre Richtung) willenlos macht.
Allein schon diese Konstellation wäre lustig genug.
Doch der fiese Schurke Giulio Cesare Fuller (Salerno), der im weißen Bademantel (offensichtlich das selbe Modell wie bei Koto) in seinem römischen (Dampf-)Bad sitzt und sich gerne mit schönen Frauen (wie zum Beispiel Femi Benussi!) umgibt, schlägt in Punkto Originalität doch glatt dem Fass den Boden aus.
Ein bisschen erinnert er an die Figur des "Großen Concho" (Yankee), der ebenfalls gerne ein römischer Imperator gewesen wäre. Da dieser Italowestern von Tinto Brass zu meinen Lieblingsfilmen zählt, ist es nicht verwunderlich, dass mich auch der humorige "Cesare" in beste Laune versetzt hat.
Fest steht: meine erste, aber definitiv nicht die letzte Sichtung dieses Films.



Weiter geht es mit "KAMELIENDAME 53". Ich bin kein Opernfan und auch literarisch nicht besonders bewandert. Doch irgendwann während des Films flüsterte mir irgendeine meiner verwahrlosten grauen Zellen aus einer verkümmerten Ecke meines Gehirns zu, dass die Geschichte wohl zu einem Klassiker der Weltliteratur zählt und die Grundlage einer berühmten Oper ist. Und außerdem erinnerte ich mich plötzlich, dass ich die Handlung bereits aus Erzählungen einer Arbeitskollegin (ganz großer Opernfan) kannte und sie nicht sonderlich spannend fand.
Leider ging es mir mit dieser Verfilmung ebenso. Der Film zog sich trotz schöner Bilder für mein Empfinden wie Kaugummi. Einzig die Schrecksekunde als nach gefühlten eineinhalb Stunden plötzlich "Fine primo tempo" auf der Leinwand stand, weckte bei mir kurz eine Emotion. Doch bestimmt nicht die vom Regisseur intendierte.
Ja, ich bin eine echte Kunstbanausin. Mi dispiace.




Nach der Essenspause war ich sehr neugierig auf die Wirkung von "DANZA MACABRA". Obwohl ich glühende Verehrerin von Barbara Steele und von Filmen wie "Die Stunde wenn Dracula kommt", I lunghi capelli della morte oder Ein Engel für den Teufel sehr angetan bin, war es mir bislang nicht vergönnt, "Danza Macabra" zu sehen. Zumindest nicht in voller Länge. Was daran lag, dass ich bei zwei "Ansehversuchen" jeweils im Mittelteil des Films eingeschlafen bin, ergo nur den Anfang und das Ende kannte.
Doch dieses Mal gelang es mir (im Gegensatz zu einigen anderen Dauerkarteninhabern) wach zu bleiben.
Die wunderbare Bildqualität und die schöne italienische Sprache haben sicher dazu beigetragen, dass ich zu keinem Zeitpunkt ins Land der Träume abgedriftet bin.
Einen kleinen Teil meines Herzens hat dieser ästhetische gotische Horrorfilm dieses Mal erobern können, wenngleich ich immer noch nicht begeistert bin. Irgendwann werde ich ihm jedoch auch auf der heimischen Leinwand wieder eine Chance geben und vielleicht ändert sich ja noch etwas an meiner Meinung.


Den krönenden und würdigen Abschluss dieses abwechslungsreichen Programms bildete "DER KILLER VON MANHATTAN".
Der seit den Achtziger Jahren in deutschen Kinos auf 35mm vergeblich gesuchte und für verschollen gehaltene Film tauchte wohl in einer Liste unter dem Titel "New York Runner" auf und wurde von aufmerksamen Kommkino Mitarbeitern entdeckt. Dies kommt (für mich) filmisch gesehen beinahe dem Fund des heiligen Grals gleich.
Einen kurzen Schreckmoment gab es, als der Vorspann plötzlich flackerte und die Leinwand nach wenigen Sekunden schwarz wurde. Das Licht im Saal ging wieder an und ein sympathischer Scherzkeks, der in unserer Reihe saß, grinste und meinte: "Das war die von der FSK freigegebene Fassung."
Erfreulicherweise dauerte es nicht lange, bis die Projektion wieder in Gang gebracht war.
Wieder einmal sehe ich mich darin bestätigt, dass Lucio Fulci einfach zu meinen Lieblingsregisseuren zählt.
Ich beabsichtige, diesen bitterbösen düsteren Giallo in absehbarer Zeit wieder anzusehen und werde dann bestimmt ausführlicher dazu schreiben.


Wieder mal sind die drei Tage im Filmhaus wie im Flug vergangen. Und trotz längerer Pausen fand ich leider zu wenig Zeit für den Austausch mit alten und neuen Bekannten.
Das Publikum reagierte von wohlwollend bis hellauf begeistert auf die gezeigten Schmuckstücke, was man nicht nur am Applaus, sondern auch an den größtenteils zufriedenen Gesichtern ablesen konnte.
Der Filmhaus-Saal war konstant voller als im letzten Jahr, die Dauerkarten wohl ausverkauft.

Die Zeitplanung in diesem Jahr wurde bezüglich der Pausen etwas verändert, was wirklich sehr angenehm war. Zwei Filme, dann eine längere Essenspause, und dann nochmal zwei Filme (außer am ersten Tag) sind für meinen Geschmack ein perfektes Timing.

Die Raumtemperatur im Saal und die dadurch enstehenden Gerüche waren bei manchen Vorstellungen wirklich an der Grenze des Erträglichen. Aber für ein so exquisites Programm bin ich bereit, so Einiges in Kauf zu nehmen.
Die Dauerkarten waren nicht so hübsch wie beim 2. Terza Visione, dafür gab es aber die Einzeltickets zu allen Filmen als Draufgabe. Das ein oder andere Kinoticket kann somit als schöne Erinnerung aufbewahrt werden.
Und genau das ist es, was zählt, und für mich am Ende übrig bleibt: Die Erinnerung an ein vielseitiges Programm, das dem Namen "Terza Visione" absolut gerecht wird und ein entspanntes Festival-Flair.

Herzlichen Dank an das Terza Visione Team sowie allen Rednern (ihr wart super!) und sonstigen Mitwirkenden für dieses sagenhafte Programm und das gesamte Drumherum!

Etwas wehmütig werde ich jetzt schon beim Gedanken, dass das Terza Visione in dieser Form im nächsten Jahr vielleicht nicht mehr stattfinden könnte. Laut den Veranstaltern ist es derzeit noch unklar, wie es weitergeht (andere Stadt oder gar überhaupt eine künstlerische Pause?).
Wir dürfen hoffen, bangen und natürlich gespannt sein...


Unsere Heimreise verlief abenteuerlich, da wir nicht auf direktem Weg nach Österreich zurück, sondern über abgelegene Landstraßen zu einem Drehort fuhren. Aber das ist eine andere Geschichte. Wird irgendwann hier nachzulesen sein...


Es fährt ein Auto nach nirgendwo...