Sonntag, 21. August 2016

LA NOCHE DE LOS MIL GATOS (1972)














DIE RACHE DER 1000 KATZEN
Mexiko 1972
Regie: René Cardona Jr.
DarstellerInnen: Anjanette Comer, Zulma Faiad, Hugo Stiglitz, Christa Linder, Tere Velásquez, Barbara Angely, Gerardo Zepeda u.a.


Inhalt:
Hugo ist ein versnobter exzentrischer Nachfahre reicher, doch geistig gestörter Leute. Er betätigt sich wie andere dahingeschiedene Familienmitglieder als Sammler. Hugos Leidenschaft sind menschliche Köpfe, hauptsächlich Frauenköpfe. Seine Jagd läuft immer nach dem selben Muster ab – zuerst becircen und verführen und nach einem amourösen Abenteuer mit der erwählten Dame folgt deren Tod. Was außer einem hübschen Haupt noch an den Ladies dran ist, wird an seine unzähligen im Großkäfig gehaltenen Katzen verfüttert. Ein paar gekochte Häppchen davon gönnt sich Gourmet Hugo bisweilen selbst. Doch eines Tages erweist sich eines seiner Opfer in spe als wehrhafter als gedacht...


Hugo und sein Katzenfutter auf einer Yacht


Hugo streichelt erotisch seinen Bart


Dieser exploitative und äußerst schräge Horrorfilm, den ich anlässlich des diesjährigen Kultkino Festival in Dillingen auf einer großen Leinwand erstmalig bestaunt habe, hatte es mir von den ersten Minuten an irgendwie angetan. Sämtliche Absurditäten, Skurrilitäten und diese angenehme Easy Listening Musik ergeben eine äußert erquickliche Kombination.
Was in der Inhaltsangabe tendenziell spektakulär und blutrünstig klingt, wird durch endlos wirkende Aufnahmen von Hubschrauber-Flügen und Hugo Stiglitz, der Frauen beobachtet, unterbrochen bzw. entschleunigt.

Auf eine psychisch etwas ungesund anmutende Weise scheint der mexikanische Schauspieler Stiglitz ("Großangriff der Zombies") mit diesem Film seine narzisstische Ader ohne Scham und falsche Bescheidenheit vollends ausgelebt zu haben.
Als Mitproduzent und Co-Drehbuchautor hatte er natürlich ausreichend Möglichkeiten für das Zelebrieren seiner sagenhaften Selbstinszenierung in diesem Projekt.
Deshalb sehen wir Hugo in der Rolle des Mörders Hugo entweder leicht bekleidet, nackt oder in Designer- Klamotten, in der Abendsonne, auf einem Pferd am Meer entlang reitend, lässig auf dem Motorrad, beim Wasserski Fahren, mit modischer Piloten-Sonnenbrille im Helicopter oder mit den größten Cognacgläsern aller Zeiten in der von auffälligen silbernen Ringen gezierten Hand. Er präsentiert sich gerne an der Seite von weiblichen Schönheiten, als Verführer und so weiter und so fort. Schöne Nahaufnahmen und Zooms rücken den Star in jeder Szene ins rechte Licht.
Als begnadeter Golfspieler überzeugt Hugo sogar eine verheiratete Frau auf Anhieb davon, dass er besser einlocht (!) als ihr Ehemann. Diese an sich fest vergebene Schöne namens Brigitte lässt sich wie Viele vor ihr auf eine Affäre mit Hugo ein. Sie ist auch diejenige, die ihm zum Verhängnis werden wird.
Und glaubt mir, das ist jetzt an dieser Stelle nicht zu viel verraten, denn die Geschichte ist nicht nur auf unterhaltsame Art hanebüchen, sondern sogar mehr als nebensächlich.

Wie bereits erwähnt, es geht um Hugo und um schöne Frauen in einem dekadenten und stilvollen Ambiente.
Natürlich sind auch einige Katzen im Film zu sehen. Die possierlichen felligen Tierchen wurden dem Anschein nach bei den Dreharbeiten alles Andere als pfleglich behandelt. Dabei sind die Szenen, in denen sie unsanft in die Luft geworfen werden, noch eher harmlos. Nun ja. Die Siebziger Jahre waren bekanntlich nicht gerade die beste Zeit für Tiere auf Filmsets. Vom dunkelsten aller Kapitel, dem Tiersnuff, wollen wir mal gar nicht anfangen.

Über Hugo Stiglitz findet man eher spärliche Informationen im World Wide Web. Es sei denn, man spricht spanisch. Denn in seiner mexikanischen Heimat ist der heute Siebzigjährige noch immer ein gefeierter Star, der Filme produziert (in denen er auch selbst mitwirkt) und bereitwillig Interviews gibt.
Laut imdb schaffte es der Darsteller mit österreichischen und mexikanischen Wurzeln sogar, in 240 Credits gelistet zu werden. Recherchiert man seinen Werdegang, bringt man in Erfahrung, dass er Sportler war, zumindest zeitweise an einer Universität studiert hat und viele Ehefrauen und Geliebte (u.a. die österreichische Mimin Barbara Angely, die in "Rache der 1000 Katzen" ebenfalls ein Techtelmechtel mit Hugo hat) beglückte. Ein paar Kinder hat er im Laufe der Jahre natürlich auch in die Welt gesetzt.
Sein Name wurde schlagartig einem größeren internationalen Kreis von Menschen bekannt, als sein treuer Fan Quentin Tarantino den von Til Schweiger gespielten mordlustigen deutschen Offizier in "Inglorious Basterds" eben genau "Hugo Stiglitz" nannte.


Dorgo

"Er ist der einfältigste und harmloseste Butler, den ich jemals hatte."
Hugo über Dorgo

Gerardo Zepeda, ein ehemaliger mexikanischer Wrestler, erlangte in der Welt des Kinos ebenfalls einen gewissen Berühmtheitsgrad. Er spielt in "Die Rache der 1000 Katzen" den grenzdebilen Butler Dorgo, der vornehmlich Grunzlaute von unterschiedlicher Tonhöhe von sich gibt und die Ladies, die Hugo in sein riesiges desolates Anwesen bringt, durch seine bloße Präsenz ängstigt.


Hugo und sein Lieblingsglas

Neben allem bisher Erwähntem leistet die deutsche Synchronisation einen ungemein wichtigen Beitrag zur Auflockerung und Erheiterung. Hugo klingt permanent garstig und missmutig. Sogar, wenn er Sätze wie "Ich bin ein Mann, der sein Leben genießt" sagt, wirkt er als hätte ihm gerade jemand in sein riesiges Cognac-Glas gespuckt.
Umso überzeugender hingegen erscheint das Synchro-Konzept, wenn er Frauen hinterherjagt und dabei so Dinge wie "Ich krieg dich, du Luder!" von sich gibt.
Doch lassen wir das prägnanteste und schönste Zitat Hugos einfach mal für sich sprechen:
"Ich mache keine Witze! Sperr mal deine Öhrchen schön auf. Ich werde Chappi aus dir machen für meine Kätzchen!"

Neben einigen dezenten auftauchenden inhaltlichen Fragen zum Plot ("Hääää?") animiert  "Die Rache der 1000 Katzen" zu weiterem Rätselraten:
Wollte sich Hugo Stiglitz quasi in seinen "besten Jahren" ein Zelluloid-Denkmal setzen?
Oder hat die grelle Sonne Mexikos, die im Film wiederholt eingeblendet wird, den Mitwirkenden derart zugesetzt, dass sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnten? Wurde die Crew etwa so stark geblendet, dass niemand mehr das Drehbuch lesen konnte? Wie viel Cognac passt in ein so großes Glas und wie viel davon hatte Regisseur Cardona intus? Oder hatte irgendwer einfach etwas Geld übrig und wollte mal was ordentlich Abgefahrenes produzieren?

"Die Rache der 1000 Katzen" ist ein wunderliches, belustigendes vom Style der Siebziger Jahre beseeltes Schundwerk, das unter seinem Publikum eine Mischung aus Kopfschütteln, Staunen und Lachen hervorruft.
Empfehlung für exzentrische Menschen mit speziellem Humor, die bereits tief in die Materie des Exploitationfilms abgetaucht sind...




Foto: DVD von cmv